Infektionsschutz

INFEKTIONSSCHUTZ

Neue Empfehlungen zum Umgang mit SARS-CoV-2-infizierten Verstorbenen


Änderung am 3.3.2021 gegenüber Version vom 7.1.2021: Aktualisierung unter Kapitel 3 und 5 zur Verwendung von Leichenhüllen.

Änderung am 7.1.2021 gegenüber Version vom 24.4.2020: Aktualisierung unter Kapitel 1 zum Impfschutz und unter Kapitel 3 zu Atemschutzmasken mit Ausatemventil.

Grundsätzlich sei darauf verwiesen, dass der Umgang mit infektiösen Verstorbenen in den Seuchen- und Infektionsalarmplänen, den Bestattungsgesetzen der Bundesländer und der Information 214-021 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung „Biologische Arbeitsstoffe beim Umgang mit Verstorbenen“ erläutert bzw. geregelt ist.

Anwendungsbereich: Diese Empfehlungen richten sich an Ärztinnen/Ärzte, die eine äußere Leichenschau vornehmen (z.B. Haus – und Notärzte, Bedienstete von Gesundheitsämtern) und sonstiges medizinisches Personal sowie Bestatter, die Kontakt mit SARS-CoV-2-infizierten Verstorbenen haben. Schutzmaßnahmen bei der inneren Leichenschau sind nicht Gegenstand der Empfehlungen.


1. Ansteckung durch an SARS-CoV-2 infizierten Verstorbenen

Es existieren keine belastbaren Daten zur Kontagiösität von COVID-19-Verstorbenen. Aus diesem Grund muss ein mit SARS-CoV-2 infizierter Verstorbener als kontagiös angesehen werden. Der Tod an COVID-19 ist zudem nach § 6 Infektionsschutzgesetz (IfSG) zu melden.

Der Hauptübertragungsweg für SARS-CoV-2 ist die respiratorische Aufnahme virushaltiger Partikel, die beim Atmen, Husten, Sprechen, Singen und Niesen entstehen.

Die SARS-CoV-2-Übertragungswege entsprechen im Wesentlichen den Übertragungswegen einer Influenza, daher finden hier die gleichen Prinzipien wie beim Umgang mit an Influenza Verstorbenen Anwendung. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass bei COVID-19 die Letalität höher ist als bei Influenza und es bisher weder einen ausreichenden Impfschutz in der Bevölkerung noch eine Therapieoption gibt. Aus diesem Grund ist SARS-CoV-2 als Risikogruppe 3 Erreger eingestuft.


2. Basishygiene beim Umgang mit SARS-CoV-2 infizierten Verstorbenen

Unter Rücksichtnahme auf die Angehörigen und unter Wahrung der Würde der Verstorbenen muss beim Umgang mit Verstorbenen die Übertragung des Coronavirus SARS-CoV-2 verhindert werden. Allgemeingültige rechtliche Regelungen zum Umgang mit Verstorbenen, die an einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 verstorben sind, liegen nicht vor.

Grundsätzlich müssen beim Umgang mit COVID-19-Verstorbenen die Maßnahmen der Basishygiene eingehalten werden. Sie sollten den Empfehlungen für die Pflege und Behandlung von Patienten mit übertragbaren Erkrankungen von der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) entsprechend übernommen werden.

Im Wesentlichen sind dies beim direkten Kontakt mit dem Leichnam (Schutzmaßnahmen bei aerosol- und tröpfchengenerierenden Maßnahmen siehe unten):

  • Barrieremaßnahmen (Einmalhandschuhe, Schürze und Schutzkittel, wenn ein Risiko besteht, dass Körperflüssigkeiten oder Sekrete freigesetzt werden: zusätzlich Mund-Nasen- und Augenschutz)
  • Strikte Händehygiene
  • Flächendesinfektion - entsprechend KRINKO-Empfehlung
  • Abwasser- und Abfallentsorgung wie bei anderen infektiösen Verstorbenen (www.rki.de/covid-19-hygiene)

Ein Verspritzen von Körperflüssigkeiten bzw. Sekreten kann durch die Handhabung und Entfernung von Kathetern, Schläuchen geschehen. Auch der Kontakt mit Schleimhäuten muss als kontagiös angesehen werden. Darüber hinaus sollte vermieden werden, dass Mitarbeiter eingesetzt werden, die einer Risikogruppe angehören.


3. Besondere Hinweise zum Umgang mit SARS-CoV-2-infizierten Verstorbenen

SARS-CoV-2 wurde durch den Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) in die Risikogruppe 3 eingestuft. Unabhängig von landesrechtlichen Bestimmungen ist daher auf der Todesbescheinigung auf die SARS-CoV-2-Infektionsgefahr hinzuweisen und es wird empfohlen, auf dem Todesschein bzw. Leichenschauschein COVID-19 namentlich zu benennen. Datenschutzrechtliche Bestimmungen der Länder sind dabei zu beachten. Basierend auf bestattungsrechtlichen Regelungen einzelner Bundesländer kann die grundsätzliche Verwendung von Leichenhüllen ("bodybags") in dem jeweiligen Bundesland erforderlich sein (siehe ansonsten Ziffer 5 "Transport"). Für in Bestattungsunternehmen tätige Personen gelten auch die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen nach der BioStoffV. Eine individuelle Gefährdungsbeurteilung muss vor Arbeitsaufnahme durchgeführt werden, um das individuelle Infektionsrisiko abzuschätzen und entsprechende Schutzmaßnahmen ergreifen zu können. Für weitere Informationen hierzu verweisen wir auf die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)und die bestattungsrechtlichen Regelungen des jeweiligen Bundeslandes.

Besondere Maßnahmen im Rahmen der Leichenschau:
Bei der äußeren Leichenschau des Leichnams sollten mindestens die Regelungen der Schutzstufe 3 nach 
BioStoffV eingehalten werden, insbesondere dann, wenn postmortale Maßnahmen durchgeführt werden, die Tröpfchen oder Aerosole erzeugen können. Tröpfchen können z.B. ggf. entstehen, wenn Druck auf den Brustkorb bei der externen Leichenschau ausgeübt wird, sodass Luft entweicht oder bei hautdurchtrennenden Maßnahmen.


Mindestschutz bei Aerosol oder Tröpfchen produzierenden Maßnahmen am SARS-CoV-2 infiziert Verstorbenen:

  • Atemschutz: mindestens FFP2-Halbmaske (möglichst mit Ausatemventil; Achtung Atemschutzmasken mit Ausatemventil gewährleisten keinen Fremdschutz – außer das Ausatemventil ist durch ein Vlies nach DIN EN 14683 abgedeckt) 
  • Augen- und Gesichtsschutz (Schutzbrille / Visier mit Schutz nach oben und an der Seite)
  • Körperschutz: Saubere, langärmelige, flüssigkeitsbeständige oder undurchlässige Schutzkleidung um Hautareale und Kleidung zu schützen.
  • Bei Tätigkeiten mit hohem Kontaminationsrisiko sinnvollerweise in Kombination mit einer Plastik-Einmalschürze (Ärmelschutz aus Plastik)
  • Handschutz: Mindestens je ein Paar flüssigkeitsdichte Handschuhe mit Schutz gegen mechanische und biologische Risiken. 
  • Bei Tätigkeiten mit hohem Kontaminationsrisiko sind Handschuhe mit Stulpen zu wählen, die eine ausreichende Überlappung zur Schutzkleidung ermöglichen. 
  • Fußschutz: entsprechend üblicher Arbeitsschutzvorschriften 

Weiterführende Hinweise zu Vorsichtsmaßnahmen bei der Durchführung von Autopsien finden Sie auf der Internetseite des Bundesverbandes deutscher Pathologen.

Eine Kremationsleichenschau wird in vielen Bundesländern gefordert, unter anderem, um vor der Kremation eine nicht-natürliche Todesursache zu überprüfen. Bei Vorliegen von COVID-19 birgt die Kremationsleichenschau zusätzliches Infektionsrisiko. Vor der Durchführung sollte daher eine strenge Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Sollte Kremationsleichenschau notwendig sein, sollte der Leichnam unbekleidet übergeben werden, um unnötigen Kontakt mit dem Leichnam zu vermeiden, bzw. sollte die Durchführung in den Räumlichkeiten der Pathologie erwägt werden.


4. Infektionsschutz­rechtliche Herausforderungen aufgrund von Bestattungsriten und -kulturen

Einige Bestattungsriten und die Bestattungskulturen verschiedener Religionen und Weltanschauungen stehen den infektionsschutz­rechtlichen Bestimmungen gegensätzlich gegenüber. Rituelle Waschungen sind möglichst zu vermeiden und wenn, dann nur unter erhöhter PSA (s. Punkt 3) vorzunehmen. Von Einbalsamierungen ist abzuraten.

Nachdem der Verstorbene versorgt worden ist und nicht mehr berührt werden muss, sind keine weiteren Schutzmaßnahmen notwendig. Eine berührungslose Abschiednahme am offenen Sarg ist mit entsprechendem Abstand möglich.

  • Obwohl der Infektionsschutz vorranging ist, sind die Anforderungen und Wünsche der Religionen und Weltanschauungen jedoch zu respektieren und es sollte alles organisatorisch Erforderliche getan werden, um diesen - soweit risikolos möglich - zu begegnen.


5. Transport

Nationale Transporte:
Bei Vorliegen von COVID-19 kann ein Leichnam ohne weitere Sicherheitsmaßnahmen entsprechend den bestattungsrechtlichen Regelungen des jeweiligen Bundeslandes in einem ordnungsgemäß gekennzeichneten Holzsarg weitertransportiert und einer Bestattungsmöglichkeit zugeführt werden. Ggf. ist aufgrund bestattungsrechtlicher Regelungen einzelner Bundesländer die grundsätzliche Verwendung von Leichenhüllen ("bodybags") dort erforderlich.

Internationale Transporte:
Hinweise zur Überführung eines Leichnams finden Sie beim 
Bundesverband Deutscher Bestatter. Zum Transport von Leichnamen sind demnach undurchlässige Särge aus Zink bzw. Särge mit Zinkbeschichtung oder einem anderen selbstzersetzenden Stoff erforderlich. Hierbei ist zu bedenken, dass für eine nachfolgende Kremation ein Zinksarg ungeeignet ist und eine Umbettung in einen Kremationssarg erforderlich ist. Eine Umbettung birgt bei Vorliegen einer Infektion mit SARS-CoV-2 ein hohes Übertragungsrisiko. Bei anschließender Kremation sollte daher der sichere Transport in einem undurchlässigen Sarg erwogen werden, der zur Feuerbestattung geeignet ist.

Stand: 03.03.2021


https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Verstorbene.html


VERSORGUNG MIT ANGEHÖRIGEN AUS CORONA HAUSHALTEN NUR MIT ENTSPRECHENDER SCHUTZKLEIDUNG AUFGRUND DES INFEKTIONSRISIKOS FÜR DIE MITARBEITER!



Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit Biologischen Arbeitsstoffen (Biostoffverordnung - BioStoffV)
§ 4 Gefährdungsbeurteilung

(1) Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes hat der Arbeitgeber die Gefährdung der Beschäftigten durch die Tätigkeiten mit Biostoffen vor Aufnahme der Tätigkeit zu beurteilen. Die Gefährdungsbeurteilung ist fachkundig durchzuführen. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, so hat er sich fachkundig beraten zu lassen.

(2) Der Arbeitgeber hat die Gefährdungsbeurteilung unverzüglich zu aktualisieren, wenn 

1.maßgebliche Veränderungen der Arbeitsbedingungen oder neue Informationen, zum Beispiel Unfallberichte oder Erkenntnisse aus arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen, dies erfordern oder

2.die Prüfung von Funktion und Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen ergeben hat, dass die festgelegten Schutzmaßnahmen nicht wirksam sind.

Ansonsten hat der Arbeitgeber die Gefährdungsbeurteilung mindestens jedes zweite Jahr zu überprüfen und bei Bedarf zu aktualisieren. Ergibt die Überprüfung, dass eine Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung nicht erforderlich ist, so hat der Arbeitgeber dies unter Angabe des Datums der Überprüfung in der Dokumentation nach § 7 zu vermerken.

(3) Für die Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber insbesondere Folgendes zu ermitteln: 

1.Identität, Risikogruppeneinstufung und Übertragungswege der Biostoffe, deren mögliche sensibilisierende und toxische Wirkungen und Aufnahmepfade, soweit diese Informationen ermittelt werden können,

2.Art der Tätigkeit unter Berücksichtigung der Betriebsabläufe, Arbeitsverfahren und verwendeten Arbeitsmittel einschließlich der Betriebsanlagen,

3.Art, Dauer und Häufigkeit der Exposition der Beschäftigten, soweit diese Informationen für den Arbeitgeber zugänglich sind,

4.Möglichkeit des Einsatzes von Biostoffen, Arbeitsverfahren oder Arbeitsmitteln, die zu keiner oder einer geringeren Gefährdung der Beschäftigten führen würden (Substitutionsprüfung),

5.tätigkeitsbezogene Erkenntnisse 

a)über Belastungs- und Expositionssituationen, einschließlich psychischer Belastungen,

b)über bekannte Erkrankungen und die zu ergreifenden Gegenmaßnahmen,

c)aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge.

(4) Der Arbeitgeber hat auf der Grundlage der nach Absatz 3 ermittelten Informationen die Infektionsgefährdung und die Gefährdungen durch sensibilisierende oder toxische Wirkungen unabhängig voneinander zu beurteilen. Diese Einzelbeurteilungen sind zu einer Gesamtbeurteilung zusammenzuführen, auf deren Grundlage die Schutzmaßnahmen festzulegen und zu ergreifen sind. Dies gilt auch, wenn bei einer Tätigkeit mehrere Biostoffe gleichzeitig auftreten oder verwendet werden.

(5) Sind bei Tätigkeiten mit Produkten, die Biostoffe enthalten, die erforderlichen Informationen zur Gefährdungsbeurteilung wie zum Beispiel die Risikogruppeneinstufung nicht zu ermitteln, so muss der Arbeitgeber diese beim Hersteller, Einführer oder Inverkehrbringer einholen. Satz 1 gilt nicht für Lebensmittel in Form von Fertigerzeugnissen, die für den Endverbrauch bestimmt sind.

https://www.gesetze-im-internet.de/biostoffv_2013/__4.html

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